Die Crux mit den sozialen Medien – Wenn Redings Maus zu rutschig wird…

Die Crux mit den sozialen Medien – Wenn Redings Maus zu rutschig wird…

Nachdem dem Podcast- und Blog „Angscht a Schrecken“ aufgefallen war, dass sich die ehemalige Vizepräsidentin Viviane Reding mit einem Like besonders in die Nesseln gesetzt hatte, wurde ich vom Journal um einen Kommentar gebeten:

Der Umgang mit der Öffentlichkeit, speziell mit den nicht mehr ganz so jungen sozialen Medien, scheint im Jahr 2016 immer noch nicht bei vielen Personen des öffentlichen Lebens ins Blut übergegangen zu sein.

Eigentlich noch im selbstverordneten „digitalen Detox“ befindlich, lieferte so am vergangenen Wochenende die ehemalige Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Viviane Reding, zu deren Ressorts Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft gehörten, ein gutes Beispiel.
Wie der Podcast „Angscht a Schrecken“ herausfand und auch prompt öffentlich kritisierte, schien Frau Reding bei einem geschmacklosen Kommentar eines Artikels „auf der Maus ausgerutscht zu sein“. Der Autor des besagten Kommentars freute sich, dass wir 2018 den geldsüchtigen PD-Staat los wären. PD deswegen, „weil das ja das erste Gesetz war, welches gewählt worden war“, so der Autor weiter. Er würde sich wieder auf ein „Gesundes Land“ freuen. Man braucht nicht lange zu analysieren, um zu verstehen, dass dieser Text tatsächlich von PD’s spricht (französisch für „pédophile“, vorwiegend aber auch als Beleidigung für homosexuelle Männer gebräuchlich).

Zwei Tage später reagierte die Europaabgeordnete auf die Kritik, via Statusmitteilung über ihre öffentliche Facebook-Fanpage. Doch wer jetzt an eine Entschuldigung oder etwas Ähnliches gedacht hat, wurde enttäuscht. Sie hätte beim Überfliegen des Kommentars „DP-Staat“ gelesen und dies geliked, ohne zu erkennen, dass es sich um eine homophobe Aussage gehandelt habe und sehe sich nun als Opfer einer Drumpf-ähnlichen Rufmordkampagne von Aktivisten.

Man könnte ihr natürlich zugutehalten, dass sie in der Eile tatsächlich DP-Staat verstanden habe, bedenkt man die französische Abkürzung für „parti démocrate“, doch dies ließe den Schluss zu, dass sie im harmlosesten Fall eifrig ihre Fans mit einem Like belohnt, ohne die Kommentare überhaupt richtig gelesen zu haben. Ihr Post wurde in französischer Sprache verfasst, um so die Plausibilität ihrer Rechtfertigung zusätzlich zu unterstreichen. Schlimmstenfalls war ihr der Sinn der Botschaft aber durchaus bewusst und mit einem Like sollte so ein konservativer Wähler gebauchpinselt werden.
Ihrer Verdienste der letzten Jahre wegen, sträube ich mich jedoch zu glauben, dass eine Viviane Reding auf einer öffentlichen Plattform um die Gunst von Wähler hinter solch primitiven Aussagen buhlt oder gar deren Meinung teilt.

Wie dem auch sei. Als ehemalige Kommissarin müsste ihr bewusst sein, wie ernst das Thema Homo-, bi- und Transphobie immer noch ist. Als Mitglied des Europäischen Parlamentes dürfte ihr so auch nicht entgangen sein, wie sich das gesellschaftspolitische Klima z.b. in den östlichen EU-Mitgliedstaaten derzeit Zusehens verschlechtert.
Darüber hinaus hat jeder von uns bestimmt schon das eine oder andere Mal einen Post geliked oder geshared, ohne sich die nötige Zeit genommen zu haben, um ihn richtig durchzulesen. Es wäre also keine Schmach für eine gestandene Politikerin, dies zuzugeben und sich dafür zu entschuldigen.

Die Kritik aber in eine Rufmordkampagne Drumpf’scher Machart umzudeuten um damit einen eigenen Lapsus zu übertünchen, war die falsche Reaktion. Etwas mehr Fingerspitzengefühl hätte hier notgetan.